Hallo Zusammen!
Vielleicht erinnert Ihr Euch ja noch, dass mich das Thema „Okular zum Aufsuchen“ im vergangenen Jahr beschäftigt hat. Die, wie ich finde, sehr interessante und für mich sehr lehrreiche Diskussion hier im Forum hatte zur Folge, dass ich meine gesamte Okularriege in neuem Licht betrachtet habe. Hinzu kam die Entscheidung für einen 10“ SW Dobson (f/4,7), der noch mal andere Ansprüche an die Okulare stellte, als meine bis dahin genutzten Geräte (Kson 6“, f/8 und SW 3,5“ Refri f/10).
In der Hoffnung hier auch anderen Einsteigern, die sich mit dem Thema auseinandersetzen ein wenig Hilfestellung zu geben, möchte ich daher meine Gedanken und die daraus resultierende Okularwahl schildern.
Grundsätzlich
Die Okulare stellen die Schnittstelle von Technik und Mensch dar. Hier spielen wie ich feststellen konnte, persönliche Vorlieben, Sehgewohnheiten und der Geldbeutel eine wesentliche Rolle bei der Wahl der Okulare.
Ich bin Brillenträger, beobachte aber nicht immer mit Brille (dazu weiter unten mehr).
Meine „teleskopischen Sehgewohnheiten“ waren zunächst sehr durch die Nutzung des kleinen Refraktors geprägt. Nicht nur liegt der Unterschied in der Montierung (äquatorial, hier: CG4) im Unterschied zur Rockerbox der Dobsons (azimutal), sondern damit auch in der Art und Weise wie ich das Gesichtsfeld nutze. Eine parallaktische oder äquatoriale Montierung erlaubt mir das permanente Nachführen des Teleskops. D. h. ja auch, dass ich kein so großes Gesichtsfeld benötige, denn durch die schön weiche und ständig sanfte Nachführung halte ich das Objekt immer in der Mitte des Gesichtsfeldes, einfach durch Nachführen in einer Achse. Beim Dobson muss auf zwei Achsen nachgeführt werden. Daher kam bei mir schnell der Wunsch auf, mehr Gesichtsfeld zu haben, um weniger häufig nachführen zu müssen.
Und was den Geldbeutel anbelangt: Nicht jede/r kann sich die hochpreisigen Top-Okulare leisten. Allerdings relativiert sich ja der Preis, wenn ich ein Okular vielleicht 10 oder noch mehr Jahre nutze. Insofern ist hier aus meiner Sicht die günstigere Variante die zunächst etwas kostspieligere. Meine Okulare sind alle im unteren bis mittleren Preissegment zu finden (50 – 300 EUR).
Abstufung der Brennweite
Am Anfang stand für mich die Frage, ob ich eine schlanke „3-Okulare-Lösung“ möchte, oder lieber doch mehr Abstufung (was dann natürlich den Geldbeutel mehr beutelt)..
Die „3-O-L“ hätte für meine Zwecke (also primär am SW 10“ f/4,7 Dobson) so ausgesehen:
~25mm 2“ – Aufsuchokular und für großflächige Objekte
~14mm 1,25“ – DAS Okular für Deep Sky im mittleren Vergrößerungsbereich
~5mm 1,25“ – wenn es mal höhere Vergrößerung braucht (zB an Planeten)
Letztlich habe ich mich für deutlich mehr Okulare entscheiden müssen. Das sieht im Moment so aus:
ES N2 30mm 2“ 82°
ES Erfle 25mm 2“ 70°
ES Maxvision 20 mm 1,25“ 68°
TS UWA 16mm 1,25“ 82°
ES N2 14mm 1,25“ 82°
ES N2 11mm 1,25° 82°
TS UWA 7mm 1,25“ 82°
Planetary 5mm 1,25” 58°
TS UWA 4mm 1,25” 82°
Von G. Mootz verzoomtes Skywatcher 7mm Okular in 2“ Hülse
Vielleicht fragt Ihr Euch, wieso der Typ im mittleren Vergrößerungsbereich so eine enge Abstufung gewählt hat? Das liegt daran, dass ich häufig zwei Teleskope zeitgleich bestücke, eines für Junior und eines für mich. Ich wollte aber nicht Okulare mit derselben Brennweite. Wenn ich alleine draußen bin, reichen mir das ES 30mm, das ES 14mm, das TS 7mm und 5mm Planetary.
Das 20mm Maxvision kommt nur am 3,5“ Refri und 80/400 Spektiv zum Einsatz. Wer diese Okulare kennt weiß, dass die da wirklich eine schöne, helle Durchsicht bieten.
Um die Wahl genau dieser Okulare zu verdeutlichen hier noch die Zahlen zu den Okularen, die ich am 10“ Dobson mit 1200mm Brennweite nutze:
D = Öffnung des Teleskops, I = Brennweite des Teleskops, IO = Brennweite Okular,
V = Vergrößerung, sGF = scheinbares Gesichtsfeld, GF = Gesichtsfeld, AP = Austrittspupille,
Vergrößerung (V) V = Brennweite Teleskop / Brennweite Okular
(Beispiel wie oben: 1200/25=48)
Austrittspupille (AP) AP = Öffnung des Teleskops / Vergrößerung
(Bsp. wie oben: 254/48=5,29)
Gesichtsfeld (GF) GF = scheinbares GF / Vergrößerung
(Bsp. wie oben: 70°/48=1,45
Die Austrittspupille meint das Lichtbündel, welches aus dem Okular austritt. Das menschliche Auge kann (je nach Alter) bei gut dunkeladaptierter Pupille max. ca. 7mm Öffnung erreichen. Bis hinunter auf ca. 0,5mm ist die minimale Austrittspupille anzulegen.
Gesichtsfeld meint den Teil des Himmels, den ich durch mein Teleskop (besser: Okular) gerade sehen kann. Der Mond zeigt sich etwa 0,5° groß. Hier ist mit geringer Vergrößerung mehr Feld zu sehen. Das 30mm Okular mit 2,05° Feld zeigt in etwa den Himmelsausschnitt, den der mittlere Kreis des Telrad zeigt. Zur Orientierung finde ich das sehr praktisch (insbesondere in Verbindung zB mit dem Deep Sky Atlas)
Als Kriterien der Okularauswahl spielen also auch die Austrittspupille und das Gesichtsfeld eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus können auch weitere Kriterien herangezogen werden:
minimale Vergrößerung und maximale Vergrößerung.
Unterhalb der minimalen Vergrößerung wird Licht „verschenkt“, über die maximale Vergrößerung hinaus zeigen sich keine weiteren Einzelheiten.
Formeln: minimale Vergrößerung = Öffnung mm / 7
maximale Vergrößerung = (Öffnung mm / 0,7) x 2
(als Faustregel wird auch häufig die doppelte Öffnung genannt)
Zwischen - Fazit:
Für mich spielten bei der Wahl der Okulare das scheinbare GF (und damit das GF), die Austrittspupille und natürlich die Vergrößerung eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus habe ich in meine Überlegungen auch minimale und maximale Vergrößerung für meine Teleskope berücksichtigt. Die Preise sind natürlich auch ein Faktor, spielten aber in meinem Fall keine so große Rolle (s. o.).
Brillenträger haben es schwer
Als Brillenträger kommt ein weiterer Faktor hinzu, der bei der Nutzung der Okulare einen hohen Frustfaktor haben kann: Der Augenabstand. Hier ist gemeint bis zu welchen Augenabstand (zwischen augenseitiger Linse des Okulars und dem Auge der Betrachter) der Einblick auch den tatsächlich abgebildeten Himmelsausschnitt zu betrachten erlaubt. Etwas flapsig formuliert: Was nützt mir ein Okular mit 110° sGF, wenn ich als Brillenträger davon nur max. die Hälfte sehen kann.
Es werden auch Okulare angeboten, die für Brillenträger gut geeignet sind (also mit einem Augenabstand von 15 – 20mm), auch gibt es Okulare, die eine Kompensation der Dioptrin erlauben (die sind in der Hochpreisklasse zu finden). Eine Hornhautverkrümmung ist jedoch nicht durch das Okular/Teleskop ausgleichbar. Wer also mit Brille beobachten muss, sollte diesen Aspekt auf jeden Fall beachten, sonst macht es keinen Spaß.
Die von mir gewählten Okulare von ES sind weniger gut für Brillenträger geeignet, die von TS einigermaßen gut.
In meinem Fall war dieses Kriterium jedoch nicht so ausschlaggebend, da ich mit dem rechten Auge ins Okular blicke und das ist mein „gutes“ Auge (d. h. ohne problematische Verkrümmung der Hornhaut). Beim Aufsuchen – insbesondere mit dem Telrad mit beiden Augen - habe ich die Brille auf, beim Blick durch das Okular kommt die Brille runter. Ab und an blicke ich aber dennoch mit Brille durch das Okular, wenn ich den Eindruck habe, so mehr erkennen zu können. Das sieht dann manchmal wohl so aus wie ein affektierter Schauspieler in irgendeiner Talk-Sendung.
Die Okulare
Explore Scientific 30mm N2 82° 2“
Mit diesem Exemplar habe ich meine Okularreihe nach oben (Brennweite) bzw. nach unten (Vergrößerung) abgeschlossen. Derzeit (Stand 2015/04) werden diese Okulare für ~320 EUR angeboten. Noch vor einem halben Jahr ging dieses Okular für ~250 EUR über den Ladentisch. Der Händler meines Vertrauens konnte mir dankenswerterweise einen Preis deutlich unter dem aktuellen Listenpreis machen.
Das 30mm Okular ist ein ziemlicher Brummer mit einem Gewicht von 1032 Gr. (lt. Hersteller). Bislang kann ich nur Positives berichten: scharfe Abbildung bis zum Rand, angenehmer Einblick, großes Feld. Lt. Hersteller soll es mit Gas (Ar) befüllt sein.
Bislang konnte ich noch keine störenden Reflexionen bemerken, auch wenn mich zunächst die verchromte 2“ Steckhülse etwas zweifeln lies. Auch die Linsenkanten scheinen tatsächlich vernünftig geschwärzt worden zu sein. Die Vergütung schimmert schön grünlich auf der Augenlinse, violett auf der Feldlinse. Die Augenmuschel ist eine einfache, umstülpbare Gummiaugenmuschel. Hier wäre noch Verbesserungspotenzial.
Explore Scientific 25mm 70° 2“
Dieses Erfle hatte ich für ~25 EUR auf einer Internet-Auktions-Seite erwischt. Ein gutes Okular mit der für diesen Typ üblichen schlechten Randabbildung. Geschätzt etwa bis ca. 66% des Feldes werden scharf dargestellt, dann wird’s unscharf. Lt. Hersteller wiegt das Okular 333 Gr. Störende Reflexionen konnte ich auch hier noch nicht bemerken. Auch ist die 2“ Steckhülse ist „geschwärzt“, jedoch eher „anthrazit“. Die Vergütung schimmert grünlich und violett.
Explore Scientific 14mm und 11mm N2 1,25“
Tolle Okulare zu einem (noch zum alten) guten Preis. Guter Einblick, mit guter Randschärfe. Lt. Hersteller wiegt das 14mm 260 Gr. und das 11mm 277 Gr. Auch diese Okulare sollen mit Gas befüllt sein. Die Steckhülse ist in Chrom gehalten und innen geschwärzt bis auf einen Bereich am unteren Ende der Steckhülse. Auch hier konnte ich noch keine störenden Reflexionen feststellen. Die Augenmuscheln sind einfache umstülpbare Gummiaugenmuscheln. Die Vergütung schimmert grünlich und violett.
TS UWA 16mm, 7mm, 4mm 82° 1,25“
Diese Okulare werden mit unterschiedlichen Labels vertrieben: Williams Optics, Astro Professional, …
Zu diesen Okularen kam ich zufällig, als ich mir ein ES N2 bestellen wollte, diese aber nicht lieferbar waren. Der freundliche Händler meines Vertrauens wies mich auf diese Okulare hin mit einem deutlich (!!!) unter Listenpreis sehr verführerischen Preis. Ich habe es nicht bereut. Sven Wienstein hat diese Okulare vor einigen Jahren unter die Lupe genommen und ich stimme seiner Einschätzung 100% zu: Gute Okulare mit mäßiger Randschärfe, gutem Kontrast, vorbildlicher Schwärzung und prima Augenmuschel.
http://www.svenwienstein.de/HTML/uwan_okulare.htmlAllerdings ist der Listenpreis aus meiner Sicht zu hoch. Gelegentlich sehe ich, wie diese Okulare für 80 – 100 EUR gebraucht gehandelt werden. Das finde ich dann einen angemessenen Preis.
Zu dem Planetary muss ich, glaube ich, wirklich nichts mehr schreiben
.
So, wer bis hierhin durchgehalten hat, dem möchte ich danken und noch den Hinweis geben, dass die Einschätzungen von einem Anfänger in Sachen visueller Beobachtung sind. Ich bitte also um Nachsicht bei Fehlern und freue mich über Korrekturen und/oder eine Rückmeldung von Euch!
Viele Grüße und cs
Markus