Hallo zusammen,
´ne Menge Zeit habe ich investiert, um euch folgendes zu zeigen ... aber natürlich auch, um in erster Linie mir zu zeigen, was die Neuanschaffung taugt. Ich bin da schon auch etwas skeptisch an den Kauf dieses Explore Scientific H-Beta Filters rangegangen, zum einen, weil ich überhaupt keinen einzigen Erfahrungsbericht zu diesem Nebelfilter gefunden habe, zum anderen, weil er so günstig ist und zu guter Letzt, weil ich vor ein paar Jahren ja schon negative Erfahrungen mit dem Kauf meines Baader O-III Filters machen musste.
Vor gut zwei Wochen habe ich nach langem hin und her überlegen und einem Telefonat mit einem Techniker von Explore Scientific, der mir zugesagt hat, einen handselektierten Filter für mich rauszusuchen, mich zum Kauf dieses 2" H-Beta Filters durchgerungen und bekam den Filter dann letzte Woche Montag auch geliefert. Ordentlich verpackt traf das "Riesenpaket" bei mir an der Arbeit ein und ich konnte es kaum erwarten, ihn ausprobieren zu können.

Nett verpackt ist das Teilchen schon, aber danach kann man natürlich nicht urteilen. Das beiliegende Messprotokoll zeigte, dass die Transmissionskurve nicht so sehr eng ist und sogar in die größeren Wellenlängen schon bis knapp in den O-III Bereich hineinragt. Das ließ meine noch leicht vorhandenen Zweifel auch nicht gerade verschwinden. Aber allein auf ein beigelegtes Meßprotokol wollte ich auch nichts geben und schon garnicht danach urteilen.
Zwei visuelle Tests:Am gleichen Abend gab es sogar Clear Sky, sodass ich mit dem neuen Filter und meinem 12"er an meinen Beobachtungsplatz fahren konnte. Die Bedingungen waren nicht perfekt, die Transparenz war sehr wechselhaft. Normalerweise wäre ich garnicht erst rausgefahren. Aber es brannte mir natürlich unter den Nägeln den Filter zu testen.
Das erste Objekt sollte der Californianebel NGC1499 im Perseus sein. Dazu schraubte ich den Filter in mein 31ger Nagler - das Filtergewinde ist über jeden Zweifel erhaben, was nicht selbstverständlich ist. Wer z.B. Filter von Baader kennt (mein UHC-S ist diesbezüglich eine Katastrophe!), kann das bestimmt bestätigen.
Natürlich ist NGC1499 für ein Teleskop mit 1524mm Brennweite schon viel zu groß, aber ich habe auch eine recht gute Beobachtung mit einem 16" f/4,5 mit dem 31ger Nagler und einem ICS H-Beta Filter in Erinnerung, wo das Abfahren des Nebels schon auch Spaß gemacht hat.
Erst war ich mir bei der Sichtung des Nebels nicht wirklich sicher - die Wetterbedingungen spielten mir immer wieder an dem Abend einen Streich. Dann aber gelang es mir doch, aber so richtig toll war es nicht. Es war schon ziemlich schwierig überhaupt die Abgrenzung zu den Tiefen des Alls auszumachen. Strukturen innerhalb des Nebels konnte ich nicht sicher ausmachen. Der Kontrast zum Himmelshintergrund war doch sehr schwach.
Etwas enttäuscht ging ich dann auf IC434 los. Das ist die zarte Nebelbank im Orion, die dafür verantwortlich ist, dass man einen der schönsten Dunkelnebel überhaupt erst zu sehen bekommt - B33, der berühmte Pferdekopfnebel. Da war ich absolut heiß drauf.
Mit Hilfe einer Detailaufsuchkarte war die entsprechende Stelle südlich des gleißend hellen Gürtelsterns Alnitak schnell gefunden. Aber die Nebelbank mit der dunklen Ausbuchtung des Pferdekopfes ließ sich ganz schon bitten, bis da ein Zartes Etwas zum Vorschein kam und auch als sicher beobachtet durchgehen konnte. Mein neuer Mitbeobachter Chrissy war auch mittlerweile am BeoPlatz angekommen und auch er konnte nach meiner Beschreibung die dunkle Bucht im schwachen Nebelchen erkennen. Das beste Ergebnis hatte ich mit meinem 20mm TS SWM Okular und den damit erreichten 4mm Austrittspupille.
Zum einen war ich schon froh, dass man etwas erkennen konnte, aber an die Beobachtung die ich mit dem 16" f/4,5 von Hubertus in Erinnerung habe, kam das bei weitem nicht heran. Klar, ein 12"er sammelt natürlich weniger Licht und ein H-Beta Objekt kann man auch nicht gerade als Leuchtturm beschreiben. Aber irgendwie happy war ich mit meinem ersten Beobachtungsabend mit diesem neuen Filter nicht.
Günther Mootz hatte mir schon während ich noch auf die Lieferung meines Filters wartete zugesagt, dass er mir seinen H-Beta Filter von 1000 OAKS zum Vergleich schicken wollte. Dieses Angebot nahm ich gern an und am vergangenen Donnerstag Abend konnte ich wieder zum visuellen Testen raus gehen. Gegen 0.00 Uhr baute ich meinen Dobson in unserer heimischen Einfahrt auf, knipste die Straßenlaterne aus und bereitete den Test vor. Leider besitze ich noch keinen Filterschieber, aber mir kam die Idee einfach zwei 2"-auf-1,25"-Adapter zu nehmen, je einen davon mit je einem H-Beta Filter und einem 26mm Plössl meines Binoansatzes auszustatten. Damit bin ich zwar beim hin und her tauschen nicht ganz so schnell wie mit einem Filterschieber, aber immer noch um ein vielfaches schneller, als ständig die Filter umschrauben zu müssen.
Gute zwei Stunden habe ich mir Zeit genommen, um den Pferdekopfnebel und den dahinter liegenden Emissionsnebel IC434 mit beiden Filtern im Wechsel zu beobachten. Mit den 26mm Okularen komme ich am 12"er auf eine AP von 5,2mm. Zwischendurch wechselte ich auf mein 20mm TS SWM um die 4mm AP zu bekommen, was schon ein etwas besseres Bild ergab.
Letztendlich zeigte sich aber in allen Vergrößerungen und damit erreichten APs sehr deutlich, dass der 1000 OAKS H-Beta Filter ganz klar die Nase vorn hat. Er schien deutlich enger im Transmissionsbereich zu sein als mein neuer ES H-Beta Filter, wodurch der Kontrast zum Himmelshintergrund deutlich verbessert wurde. Natürlich waren im Gesichtsfeld mit dem 1000 OAKS Filter auch weniger Sterne zu sehen - die ganz schwachen Sterne, die ich im ES H-Beta noch sehen konnte, waren im 1000 OAKS nicht mehr zu erkennen. Aber ich will ja mit einem H-Beta Filter auch keine Sterne beobachten, sondern die zarten Schleier der im H-Beta Spektrum empfindlichen galaktischen Nebel.
Während man im ES H-Beta schon sehr konzentriert beobachten musste, um den Pferdekopf vor IC434 ausmachen zu können, war das im 1000 OAKS H-Beta Filter überhaupt kein Problem. Auch die Abgrenzung der Nebelmasse zum umgebenden Weltall war viel deutlicher und uch innerhalb der zarten Nebelbank waren Strukturen in Form von leichten Verdickungen erkennbar. Im ES H-Beta war das Erkennen der Nebelgrenzen hingegen eher ein Raten anstatt ein gesichertes Erkennen. Das Bisschen Nebelmasse das in diesem Filter erkennbar war, war auch recht grisselig, während der Nebel im 1000 OAKS H-Beta bei gleicher AP richtig schön flächig homogen zu sehen war. Ein wesentlich schönerer und detailreicherer Anblick.
Selbst im 31ger Nagler bei 6,2mm AP, wo dann auch der grelle Alnitak locker mit im Gesichtsfeld liegt und seine Photonen gnadenlos auf den Beobachter loslässt, war der Nebel im 1000 OAKS noch immer recht gut zu erkennen, auch die Ausbuchtung des Pferdekopfnebels.
Übrigens war aber auch im 1000 OAKS H-Beta Filter die Schnauze des Pferdekopfes nicht auszumachen. Lediglich eine dunkle Bucht war im Emissionsnebel IC434 an der Stelle auszumachen, an der der Pferdekopf liegt. Diese aber war zumindest im 1000 OAKS sehr deutlich und unübersehbar zu erkennen. Vielleicht geht die Schnauze aber, bei bessere Bedingungen an einem noch dunkleren Ort. Wobei die Grenzgrösse an dem Abend in etwa bei 6mag (in UMi) gelegen haben dürfte.
Gleiche Erkenntnisse musste ich im Anschluss noch an NGC1499, dem Californianebel, gewinnen. Auch hier war die Beobachtung des Nebels mit zarten Verdickungen im 1000 OAKS ein Genuss, wohingegen das Erkennen des Nebels und das Abgrenzen Desselben zum Hintergrund im ES H-Beta wieder eher einem Rätselraten glich.
Die Enttäuschung war recht groß, als ich gegen 2.30Uhr das Scope wieder abbaute und zu Bett ging, nur knappe 3 Stunden, bevor der Wecker wieder gnadenlos zur Arbeit blies ...
Der Check mit dem Spektroskop:Der visuelle Test reichte eigentlich völlig aus um mich davon zu überzeugen, dass der Explore Scientific H-Beta Filter zwar prinzipiell funktioniert - er sperrt ja zumindest die H-Beta-Wellenlänge nicht komplett - er aber qualitativ doch um Längen hinter einem 1000 OAKS H-Beta zurückliegt. Dennoch wollte ich mir zusätzlich auch noch einen Eindruck davon verschaffen, wie die Filter sich im Vergleich im AstroMedia Handspektroskop machen. Für diesen Vergleich konnte ich mir am vergangenen Sonntag sogar noch einen weiteren H-Beta Filter ausleihen. Hubertus hatte organisiert, dass ich mir seinen ICS H-Beta Filter aus seiner Sternwarte holen konnte. Der Filter, mit dem ich an seinem 16"er so schöne Beobachtungen des Pferdekopfnebel machen konnte.
In der Vergangenheit war mir schonmal aufgefallen, dass man die Filter in einem ziemlich exakten 90°-Winkel vor das Handspektroskop halten muss, da sich ansonsten der Durchlassbereich ganz leicht auf der Skala verschiebt. Aus diesem Grund habe ich mir folgenden Aufbau zusammengebastelt:

Rechts im Bild ist meine auf dem Fotostativ montierte EOS1000D zu sehen, die mit dem Zoomobjektiv (mit eingestellter Brennweite von 55mm) ins AstroMedia Handspektroskop schaut. Dieses habe ich auf einer Holzkonstruktion montiert, wo am anderen Ende ein 2"-auf-1,25"-Adapter im Rechten Winkel zum Lichteintritt (Spalt) des Spektroskops montiert ist, in den ich die Filter für die "Messung" einschrauben kann. Das Handspektroskop selbst ist hierbei mit Nägeln in der optimalen Lage zum Adapter montiert. Links im Bild sieht man dann noch meine mattweiße Nachttischlampe in die ich zur Bestimmung der Abweichung der Meßskala des Handspektroskops eine Energiesparlampe mit bekannten und echt gemessenen Spektren eingeschraubt hatte, zum "Vermessen" der Filter dann aber eine 40W Glühlampe, die ja ihr Licht über das volle sichtbare Spektrum abstrahlt.
Da die Skala des Spektroskops und das angezeigte Spektrum leider nicht genau den gleichen Fokus besitzen, habe ich an der Kamera die kleinstmögliche Blende (f/32) gewählt, was bei ISO100 dann auch zur Folge hatte, dass ich für das Glühlampenspektrum und die Filterspektren jeweils 30 Sekunden belichten musste.
Hier nun das Ergebnis:

Oben ist das Spektrum der Energiesparlampe zu sehen. An ein paar der Peaks habe ich die bekannten "echten" Labormessergebnisse drangeschrieben, womit man sehen kann, wie groß die Abweichung der Skala meines Handspektroskops ausfällt. Darunter dann erst noch das Vollspektrum der Glühlampe, die ich zum "Vermessen" der Filter genutzt habe, bevor die drei Filterspektren abgebildet sind, die ich mit dem oben gezeigten Aufbau erstellen konnte.
Deutlich ist schon auf dem ersten Blick zu erkennen, wie breit der Transmissionsbereich des Explore Scientific H-Beta Filters im Vergleich zu den beiden anderen H-Beta Filtern ist. Beim 1000 OAKS Filter fällt zusätzlich noch auf, dass dieser im roten Bereich noch zwei Peaks durchlässt, was sicher nicht gewünscht ist, die Beobachtungsqualität aber auch in keiner Weise zu mindern scheint. Leider steht ein visueller Vergleich des 1000 OAKS mit dem ICS H-Beta Filter noch aus. Da bin ich aber auch schon gespannt darauf.
Mittels Fitswork und der Funktion "Pixellinie als Diagramm anzeigen", wozu die abfotografierten Spektren erst noch der Farbe beraubt werden müssen, konnte ich auch noch folgende Transmissionskurven erstellen, die natürlich nicht dazu herhalten können eine echte Messung unter Laborbedingungen zu ersetzen, aber trotzdem noch etwas mehr Aufschluss bringen.
Erstmal habe ich damit versucht die Differenz zwischen realen Werten der Energiesparlampe und der Skala meines AstroMedia Handspektrometers zu ermitteln. Das sieht dann so aus ...

Die auf der x-Achse von mir nachträglich eingetragenen Skalenwerte entsprechen dabei der Skala meines Handspektroskops. Die Zahlwerte der y-Achse sind irgendwelche Werte, die Fitswork in die Skala einträgt. Interessant ist es aber trotzdem, die Höhe der y-Werte (=Transmission) bei den Filterkurven zu vergleichen. Denn die Kurven sind mit den gleichen Einstellungen erstellt worden und die Einstellungen der Kamera waren ja auch bei jeder Aufnahme identisch - ausgenommen das Foto des Energiesparlampenspektrums.
Nachfolgend also der Vergleich der mit Fitswork erstellten Transmissionskurven:

Auch hier zeigt sich sehr deutlich, wie breit der Explore Scientific Filter im Vergleich zu den beiden anderen, viel härteren H-Beta Filtern ist. Auch kann man erkennen, dass der ICS H-Beta Filter noch einen kleinen Tacken enger im Transmissionsbereich zu sein scheint.
Was mich dann aber doch etwas verblüfft hat war, dass die beiden H-Beta Filter von 1000 OAKS und Baader die H-Beta Linie scheinbar nicht perfekt getroffen haben. Wenn das so stimmen würde, wie ich es ermittelt habe, würde das bedeuten, dass die Transmission des Explore Scientific H-Beta Filters auf der H-Beta Linie ja sogar etwas höher liegen würde. Der visuelle Eindruck war jedenfalls ein anderer. Aber es könnte ja schon sein, das hier die "Enge" des Transmissionsbereichs und damit der sich daraus ergebende höhere Kontrast eine größere Rolle spielt, als die Transmission auf der gewünschten Wellenlänge des H-Beta Bereichs.
Ich betone aber auch nochmal, dass meine "Messungen" (ich habe das Wort die ganze Zeit immer bewusst in Anführungszeichen gesetzt) sicher keine Laboruntersuchungen ersetzen können, meine aber, dass eine Untersuchung mit dem günstigen Handspektroskop in Verbindung mit der Fotografie und der elektronischen Bildbearbeitung für uns Hobbyspechtler eine absolut ausreichende Erkenntnis bringt.
Letztendlich zählt für uns visuelle Spechtler natürlich nur der visuelle Eindruck und der war gerade im Vergleich mit dem 1000 OAKS H-Beta Filter schon sehr ernüchternd. Aber eine spektrale Analyse mit einfachen "Hausmittelchen" kann natürlich die unterm Sternenhimmel gemachte Erkenntnis noch zusätzlich untermauern.
Was wird das Ergebnis für mich nun sein? Klar, der Filter geht zurück. Ich kann nicht beurteilen, ob hier bei dem mir gelieferten Explore Scientific H-Beta Filter eine Serienstreuung mit einem fehlerhaften Filterergebnis vorliegt. Aber wenn es sich hierbei wirklich um einen handselektierten Filter handelt, wie mir zugesagt wurde, dann möchte ich die anderen Filter garnicht erst ausprobieren.
Last but not least möchte ich mich hier noch bei Günther und Hubertus für das Zur-Verfügung-stellen ihrer H-Beta Filter für den Vergleichstest bedanken. Vielen Dank Jungs!

So, hat einer bis zum Schluß durchgehalten?
Gruß und klaren H-Beta Himmel
Heiko
Bearbeitet vom Moderator Donnerstag, 12. Dezember 2013 07:39:17(UTC)
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