Hallo zusammen,
am vergangenen Samstag war die ATT in Essen und da hab ich natürlich auch wieder Geld ausgeben müssen.

Vor kurzem hatte ich mir ja meine einfache (etwas wackelige) Binomount zusammengebastelt und beim Einsatz derselbigen soviel Spaß gehabt, dass ich beschlossen hatte, beim ATT nach einem gescheiten Fernglas zu schauen. Bisher habe ich nämlich "nur" günstige Gläser und nun wo ich das FG nicht mehr in der Hand halten muß, gelüstete es mich nach einem besseren Binokular. Diesbezüglich hatte ich des öfteren schon von der guten Abbildungsleistung des TS 20x80 Triplet gehört und nicht zuletzt schwärmt ja auch unser Foren-Tigger von dem Glas. Im Kopf schwirrte mir auch noch ein 25x100 FG, womit ich vor kurzem auf Hubertus Sternwarte mal durch den Himmel cruisen konnte, wenngleich auch nur monokular, da das Gerät für meine Augen leider stark dejustiert ist.
Auf der ATT stand ich dann also vor der großen Wahl: Ein TS 20x80 Triplet, ein TS 20x80 Triplet Astro mit einschwenkbaren UHC-Filtern oder einem einfachen 25x100 LE Fernglas - alles drei Gläser die in etwa in der Preiskategorie lagen, die ich bereit war zu akzeptieren, fast jedenfalls. Zuerst entschied ich mich gegen das 25x100 LE, da ich mir dachte, lieber etwas weniger Öffnung, dafür eine etwas bessere Abbildung. Standen noch die beiden 20x80 zur Auswahl und 80mm Öffnung wollte ich mindestens wieder haben, da ich ja bereits ein 16x80 Hannia Fernglas besitze und auf diese Lichtsammelleistung nicht mehr verzichten wollte.
Nach einigem hin und her entschied ich mich für das TS 20x80 Triplet ohne die UHC-Filter, da mir dieses für 260,-€ Messepreis dann doch noch etwas zu teuer war. Das "einfache" 20x80 Triplet bekam ich für 160,-€. Ich find die einschwenkbaren Filter schon recht reizvoll, aber ich dachte bei mir, dass ich die Filter wahrscheinlich garnicht so oft nutzen würde, bisher hatte ich solche Dinger ja auch noch nicht vermisst. Na und 100,-€ weniger für das normale Triplet war natürlich auch ein Argument.
Verpackt ist das Teil gut gepolstert in einem netten Köfferchen:
Bepackt mit diesem Glas, zusätzlich von einer Kartonage umhüllt, ging ich weiter über die Messe. Am Nachbarstand von TS - ich weiß garnicht mehr welcher Händler das war - gab es drei "Grabbelboxen" mit Sonderangeboten, wo ich auch mal schnell einen Blick reinwerfen wollte. Neben mir standen noch zwei Astronomen, die auch auf der Suche nach einem "Schnapper" waren. Ein Standzugehöriger kam zu uns und sagte: "Alles muß raus. Vergesst die draufgeschriebenen Preise. Alles kostet etwa die Hälfte von dem was drauf steht. Alles muß raus, denn es ist ja auch schon spät am Nachmittag." Jo, es war so etwa gegen 16Uhr und die ATT hatte sich in der Tat schon ziemlich gelehrt. Im ganzen hatte ich den Eindruck, dass weniger los war als im vergangenen Jahr. Egal, jetzt erstmal in den Kisten stöbern, vieleicht taucht ja noch was günstiges, brauchbares für mich auf.
Nach ein paar Minuten "grabbeln" durch diverse Okulare, Barlowlinsen, optische Sucher und sonstigem Kram stieß ich auf ein Tütchen, welches zwei Schutzpacs enthielt. Drauf stand "Fujinon Nebelfilter - 79,-€ pro Stück". Hey, dass wär ja vieleicht was. Zwar hab ich kein Fujinon FG, aber da kann man bestimmt was basteln. Nach ein bischen gefeilsche mit dem Standzugehörigen einigten wir uns auf 25,-€ für beide Filter zusammen.

Ich war selbst baff darüber, dass sich mein Gegenüber auf diesen Preis einließ. Aber da nun mal "alles raus muß", kannte meine Dreistigkeit beim Preisangebot meinerseits keine Grenzen - mit Erflog.
Die Filter sind mit verschiedenen Gewinden bestückt, sodass sie vermutlich auch verschiedene Fujinon-FG´s passen. Das TS-Triplet hat keine Gewinde in den Augenmuscheln, sodass da auf jeden Fall irgendwie was gebastelt werden muß.
Nach der langen Zugfahrt und einer Dusche daheim packte ich mein neues FG und die Nebelfilter aus und schaute mir an, wie ich das TS-Glas mit den Fujinon-Filtern verheiraten könnte. Das Leben kann manchmal so einfach sein, wie ich schnell bemerkte. Klappt man nämlich die Augenmuscheln zurück, kann man die Filter auf die Okulare plan auflegen. Klappt man die Augenmuscheln wieder nach vorn, halten diese die Filter sicher an ihrem Platz. Da verrutscht nix. Hier sieht man mal, wie das aussieht - linkes Okular ohne Filter, das Rechte mit:
Auf nachfolgendem Foto sieht man auch, dass die Filter gut von der Gummiaugenmuschel gehalten werden, ohne dass das Gummi zu weit ausgebeult wird. Das linke Okular ist noch ohne Filter, im Rechten ist eins eingesetzt:
Nun aber zum Firstlight, welches ich noch in der Nacht von Samstag auf Sonntag hatte. Von den Strapazen des Messetags mit insgesamt ca. 7 Stunden Zugfahrt mit 7 Mal umsteigen

, war ich erstmal etwas auf der Couch eingedöst. Gegen 1.20Uhr wurde ich wieder wach und packte sofort meine Binomount und mein neues Fernglas raus auf den Nordbalkon. Vom ersten Anblick - ich hielt auf die Region um NGC7000, der noch in Richtung Osten über in den Ausläufern der hell leuchtenden Korbacher Lichtglocke "schwebte" - war ich schonmal ganz angetan. Eine schön kontrastreiche Abbildung, was nicht zuletzt sicher auch an der kleinen AP von nur 4mm liegt. Nach konzentriertem Schauen auf die Sternkonstellation, in der der Nordamerikanebel eingebettet liegt, konnte ich auch grob dessen Umrisse erkennen. Genaugenommen eigentlich nur den Bereich des "Golfs von Mexico". Mehr geht bei dem tiefen Stand in der Lichtverschmutzung einfach nicht. Ein Neueinsteiger hätte da ganz sicher keinen Nebel entdeckt. Da dies aber eines meiner Lieblingsobjekte des Sommerhimmels ist und ich diesen schon in zig verschiedenen Instrumenten beobachtet und sogar einmal gezeichnte habe, weiß ich genau, worauf ich achten muß und wo was zu suchen ist.
Dann schwenkte ich erstmal noch etwas durch die Milchstrasse im Gebiet des Schwans, einfach nur, um mir mal die Abbildungsqualität des Fernglases anzuschauen. Und dabei kam dann leider auch eine Ernüchterung. Ich hatte erwartet, dass das Fernglas bis fast zum Rand eine scharfe Abbildung bringt. Das ist leider auch bei diesem Glas noch nicht der Fall. Etwa 1/3 des zentralen Bereiches würde ich als scharf einschätzen, danach blähen sich sie Sterne langsam etwas auf. Später bei der Suche nach
M27 viel mir das am Rand ganz extrem auf. Punktförmige Stern sind da so doll aufgebläht, dass man beim schwenken denk, ein etwas größerer planetarischer Nebel kommt da seitlich ins Blickfeld. Schwenkt man weiter wird der "Nebel" immer kleiner, bis er dann zu dem wird, was er ist - ein punktförmiger Stern.

Um das Fernglas jetzt nicht so schlecht da stehen zu lassen will ich aber auch nicht verschweigen, dass diese Bildschärfeverzerrung nicht linear zunimmt, sondern wohl eher exponentiell. Die Sterne werden zum Rand hin nur allmählich unschärfer und erst kurz vor dem Rand aprubt. Da hatte ich in dieser Preisklasse wohl einfach zuviel erwartet.

Aber besser als das 16x80 Hannia Fernglas schien das neue Glas schon zu sein, wie sich am nächsten Vormittag bei einem direkten A-B-Vergleich auch deutlich bestätigte.
Aber zurück zur Firstlight-Nacht. Es war Zeit die Nebelfilter auzuprobieren. Ich montierte beide in die Augenmuscheln und hielt das Fernglas wieder auf den Nordamerikanebel. Wooooaaaaauuuuuu, was ein Anblick. Diesmal schälte sich der Nebel deutlich aus der Korbacher Lichtdunstglocke heraus. Ein geiler Anblick! Der Nebel ist sehr deutlich zu erkennen. Ein fettes Grinsen machte sich in meinem Gesicht breit - diese Anschaffung hatte sich gelohnt. Klar, das einfache Einschwenken der Filter beim Astro-Triplet gestaltet sich gerade unter dunklem Nachthimmel wesentlich einfacher, als die Filter in die Augenmuschel zu fummeln und dabei ständig aufpassen zu müssen, dass sie während des Einlegens nicht runterrutschen. Aber dafür war diese Lösung 75,-€ günstiger.
Ohne Filter hatte zuvor noch auf den Cirruskomplex gehalten. Mit Ach und Krach konnte ich den östlichen Teil, die Knochenhand, erkennen. Vom Sturmvogel nichts zu sehen. Nun mit den Filtern stach nicht nur die Knochenhand deutlich und schon mit einigen Details hervor, nein, auch der Sturmvogel hob sich nun recht gut vom aufgehellten Himmelshintergrund ab. Was wird das erst ein Spass, wenn der Schwan nahe des Zenits rumfliegt?
Mit Filter hielt ich dann nur noch auf
M27, dessen Hantelform auch gut zu erkennen war. Schon Toll, was mit solche einem Fernglas schon geht. Das kannte ich so von meinem 16x80 nicht. Dann kamen die Filter wieder raus, da ich noch ein bischen auf Galaxienjagd gehen wollte. Zuerst peilte ich
M81/82 an, die ich lange suchen mußte. Ich muß da erstmal mit klar kommen, wie ich mit dem FG Stellen am Himmel anpeile, da bei 20facher Vergrößerung der Himmelsausschnitt schon eingeengt ist. Kein Vergleich zum 10x50 oder meinem 7x35 Tasco.

Dann aber fand ich das berühmte Galaxienduo. Ein wunderschöner Anblick war das.
M81 mit deutlich hellerem Zentrum war schön auszumachen und sogar
M82 zeigte etwas "Unruhe" in seiner Form. Klasse! Der Whirlpool
M51 war auch klasse. Deutlich war das ungleiche Päärchen als das zu erkennen, was es ist - der berühmte Whirlpool. Klar, die Spiralstruktur war nicht wirklich zu erkennen, wohl aber meinte ich auch hier etwas "Unruhe" in der größeren der beiden Welteninseln zu sehen. Die Galaxie war jedenfalls nicht einfach nur ´ne homogen leuchtende Scheibe. Zuletzt hielt ich noch auf
M101, welche ich auch erst suchen mußte, da ich Alkor/Mizar und Alkaid in der Deichsel des "Großen Wagens" erst nicht fand. Die nehm ich nämlich immer zum Aufsuchen von
M101, indem ich aus Ihnen und
M101 ein gleichseitiges Dreieck bilde. Mit dem 10x50 und auch mit dem Teleskop und Leuchtpunktsucher/Telrad/Rigel Quickfinder überhaupt kein Problem. Aber mit dem relativ kleinen Gesichtsfeld des 20x80 und der noch fehlenden Erfahrung mit diesem Glas für mich noch eine kleine Herausforderung.
Fazit unter nächtlichem Himmel: Die Schärfeleistung brachte nicht das, was ich mir davon erhofft hatte, muß mir aber wohl einfach eingestehen, dass man das in der Preisklasse noch nicht erwarten darf. Im Vergleich zum 16x80 Hannia-Billiggroßfernglas aber deutlich besser. Farbfehler konnte ich in der Nacht nicht erkennen. Am Tage aber zeigte es mir an scharfen Kanten eines ca. 3km entfernten Industriegebäudes deutlich lila Farbe.
Am Sonntag baute ich mir noch schnell ein paar Sonnenfilter für die Neuanschaffung. Dabei dachte ich mir, dass nur 40mm Öffnung sicher noch zur Verbesserung der Abbildungsleistung beitragen würden und baute mir die Filter entsprechend.
Der Anblick der Sonne durch das Glas ließ mir die Kinnlade nach unten klappen! Was ein Wahnsinns Anblick. Granulation über die komplette Sonnenscheibe. Immer mehr Fleckchen konnte ich erkennen, umso länger ich hoch zum Zentralgestirn blickte. Auch einige Fackelgebiete waren deutlich zu sehen. Irre, was mit 20facher Vergrößerung und diesem Glas schon geht. An den grpßen Flecken waren auch Umbra und Penumbra deutlich zu unterscheiden.
Des Abends am Mond konnte das Fernglas auch eine gute Leistung zeigen. Die Kraterlandschaften waren ordentlich scharf zu erkennen. Auch eine enorme Steigerung zum 10x50 Bresser (Lidl) aus meiner kleinen FG-Sammlung. Hier konnte ich am Mondrand aber einen deutlichen grünen Rand erkennen. Auf der Mondoberfläche war davon aber nichts zu sehen.
Auch Saturn war als solcher zu erkennen. Der zeigte aber widerum einen roten Farbrand. Wie nun diese unterschiedlichen Farben (Lila am Gebäude, grün an der Sonne und nun rot am Planeten) zustande kommen, würd mich auch mal interessieren. Ich vermute, dass das mit den verschiedenen Fokuslagen zusammenhängt. Stimmt das?
So, nun genug von meiner Neuanschaffung. Ich hoffe, es war interessant für euch.
Gruß
Heiko